Zwei, drei, viele Vietnams?

- Gedanken über Weltbevölkerung und Weltfrieden -


In dem folgenden Text wurden einige besonders bemerkenswerte statistische Angaben rot hervorgehoben. Eine Diskreditierung in diesem Zusammenhang genannter Länder ist nicht beabsichtigt. Sie gelten nur als Beispiele für die Problematik des Weltbevölkerungswachstums, dessen friedensgefährdendes Potential offene Worte verlangt. Auf dem Raumschiff Erde sitzen wir alle in einem Boot.


Wie schon auf der Homepage (www.pdwb.de) bemerkt, ist die Menschheit zwischen 1980 und 2005 (nach Zahlen der United Nations World Population Prospects, 2004 Revision) von rund 4,4 Milliarden auf rund 6,5 Milliarden angewachsen. Dieser Zuwachs von gut zweitausend Millionen Menschen entspricht etwa dem Dreifachen der gesamten europäischen Bevölkerung. – Dreimal Europa in 25 Jahren!

Dass dieses Wachstum nicht zum Weltfrieden beigetragen hat, erscheint offensichtlich. 1994 kamen in Ruanda, einem kleinen, aber dicht bevölkerten Staat in Afrika mit hoher Geburtenrate, bei ungeheuren Massakern innerhalb von drei Monaten annähernd so viele Menschen ums Leben wie 1942/43 in der halbjährigen Schlacht um Stalingrad.

Sicherlich ist der Völkermord in Ruanda ansonsten nicht mit der Schlacht von Stalingrad vergleichbar. Aber die ähnlich hohe Zahl der Todesopfer (in beiden Fällen circa eine Million) zeigt das mögliche Ausmaß heutiger Gewaltkonflikte - selbst in schwach technisierten Ländern. Auch ohne große Kriegsmaschinerie oder Vernichtungslager mit Gaskammern sind Genozide möglich. In Ruanda erwiesen sich - wenige Jahre vor dem Beginn des 21. Jahrhunderts - Keulen und Buschmesser als äußerst effektiv.

Folgt nun in der sudanesischen Provinz Darfur eine ähnliche Tragödie?

"Im Zuge des Darfur-Konflikts sind 200.000 bis 300.000 Menschen ums Leben gekommen. Mehr als 2 Millionen Menschen wurden aus ihren Dörfern vertrieben, davon etwa 200.000 in das Nachbarland Tschad", berichtet das Auswärtige Amt (im September 2006) und bemerkt zu den Hintergründen: "Traditionell konkurrieren in Darfur sesshafte afrikanische Stämme, wie zum Beispiel Fur, Zaghawa und Massalit, mit arabischstämmigen Nomaden um knappe Ressourcen. Diese Spannungen konnten lange Zeit durch tradierte Konfliktlösungsmechanismen unter Kontrolle gehalten werden. Durch eine weitere Verknappung von Weideland und Wasser (fortschreitende Versteppung und Trockenperioden) wurde der Konflikt in den letzten Jahren verschärft."

Leben dort - wie auch in vielen anderen "krisengeschüttelten" Regionen auf der Welt - einfach schon zu viele Menschen?

Die Gesamtbevölkerung des (auch in anderen Landesteilen instabilen) Sudan ist jedenfalls nach Angaben der Vereinten Nationen von 9,2 Millionen im Jahr 1950 auf über 36 Millionen (2005) angewachsen, und pro Jahr werden dort weit über eine Million Kinder geboren. Obwohl die Fertilität bereits auf etwa vier Kinder pro Frau zurückgegangen ist und aller Voraussicht nach weiter zurückgehen wird, soll die Einwohnerzahl des Sudan bis 2050 noch auf rund 67 Millionen ansteigen. Das aber wäre schon mehr als die Bevölkerung der ehemaligen Bundesrepublik oder des heutigen Westdeutschland.

Im Übrigen drohen auch Konflikte mit den großen Nachbarn, auch wieder vor dem Hintergrund knapper Ressourcen. Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpd 2004) bemerkt z. B.: "Es ist abzusehen, dass es in naher Zukunft zwischen Äthiopien, dem Sudan und Ägypten zu Auseinandersetzungen wegen des Nilwassers kommen wird".

Über Äthiopien schreibt Karl Heinz Böhms Organisation Menschen für Menschen: "In Äthiopien haben 82 % der Bevölkerung keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, wobei die Situation auf dem Land besonders dramatisch ist. Um eine Wasserstelle zu erreichen, müssen Frauen und Mädchen oft stundenlange Fußmärsche in glühender Hitze auf sich nehmen. Der Heimweg von der Wasserstelle ist aufgrund der gefüllten Tonkrüge überaus beschwerlich. Trotz der langen Wegstrecken ist meist nur verunreinigtes Wasser zu finden, was Auslöser vieler Infektionskrankheiten ist, denen vor allem Kinder zum Opfer fallen."

Trotzdem wächst die äthiopische Bevölkerung nach Angaben der Vereinten Nationen um annähernd zwei Millionen Menschen pro Jahr! Über drei Millionen Kinder werden dort jährlich geboren und schon 2008 dürfte die Demokratische Bundesrepublik Äthiopien (wie der formelle Name lautet) mehr Einwohner haben als die Bundesrepublik Deutschland.

Äthiopien wird dann das dritte Land im laufenden Jahrzehnt sein, dem dies "gelingt", nachdem Deutschland in den letzten Jahren bereits zweimal "überholt" wurde, nämlich von Vietnam und den Philippinen.

(Bis dahin hatte Deutschland längere Zeit auf Platz 12 der bevölkerungsreichsten Staaten der Welt gelegen. Im Jahr 2000 lautete die Reihenfolge noch: China - Indien - USA - Indonesien - Brasilien - Russland - Pakistan - Bangladesch - Japan - Nigeria - Mexiko - Deutschland. Dabei zälhlten alle Länder vor Deutschland bereits mehr als 100 Millionen Einwohner und China und Indien - mit riesigem Abstand gegenüber den USA - mehr als 1 Milliarde.)

Menschen für Menschen bemerkt zum Bevölkerungswachstum Äthiopiens: "Gerade Menschen, die in Armut und ohne Schutz vor den Folgen des Alters, einer Krankheit oder der Arbeitslosigkeit leben, betrachten Kinder traditionell als eine Form der "Sozialversicherung". Neben ihren Müttern sind sie die Hauptleidtragenden der unglückseligen Verhältnisse in Äthiopien. Deshalb kommt der Großteil unserer Aktivitäten ihnen, den sozial Benachteiligten, zugute: Wir setzen auf kulturell angepasste Familienplanung, die Besserstellung der Frauen in der Gesellschaft, auf Kindergärten und die Betreuung von Waisenkindern. Auch der Bau von Mädchenwohnheimen und die Schaffung von Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten sind wichtige Bestandteile unserer Projektarbeit und Schritte in eine hoffnungsvollere Zukunft."

In den letzten Jahrzehnten hat Äthiopien mehrere Kriege erlebt. 1998 brach ein zweijähriger Krieg mit Eritrea aus. (Grund war ein ungeklärter Grenzverlauf.) 2003 begann ein Gewaltkonflikt in der Provinz Gambela - an der Grenze zum Sudan. Auch wenn sich die Lage durch eine massive Präsenz von bis zu 100.000 Soldaten beruhigt hat, meint die Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF 2006): "Die fehlende Integration der ethnischen Gruppen, die insbesondere den kleineren Ethnien kaum institutionelle Beteiligungsmöglichkeiten eröffnet, eine hohe Bevölkerungsdichte und die Waffenproliferation in der gesamten Region lassen eine dauerhaft friedliche Konfliktbeilegung in Gambela als eher unwahrscheinlich erscheinen."


Die These, dass Kriege durch demographische Faktoren hervorgerufen werden können, ist nicht neu: "Bereits Aristoteles, Thomas Hobbes und Thomas Robert Malthus sprachen von einem Zusammenhang von Bevölkerungswachstum und gewaltsamen Konflikten. Immer taucht dabei die Vermutung auf, eine zu hohe Bevölkerungsdichte und zu schnelles Wachstum der Bevölkerung könne Staaten unregierbar machen und zu Gewalt führen" (Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung).

Einen "demographischen Exponenten", der (nach Hartmut Dießenbacher) zu Gewaltkonflikten beiträgt, wie beispielsweise in Ruanda (s o.), vermag das Berlin-Institut jedoch nicht zu erkennen und meint: "Zwar ist die Welt insgesamt, nicht jedoch die Menschheit in den letzten 50 Jahren kriegerischer geworden. Die relative Anzahl der Kriege, bezogen auf eine bestimmte Anzahl Weltbürger weist keinen Trend auf. ... Der Zusammenhang von Bevölkerungswachstum und der Häufigkeit von Kriegen ist nicht exponentiell (was die Definition eines "Exponenten" rechtfertigen würde), sondern lediglich linear."

Was aber heißt das anders, als das doch ein gewisser Zusammenhang besteht? Außerdem räumt das Institut ein: "Die regionale Verteilung der Kriege auf dem Globus zeigt jedoch, dass Kriege sehr viel häufiger in Regionen auftreten, in denen die Bevölkerung stark wächst. ... Eine Verbindung zwischen Kriegsgefahr und Bevölkerungsentwicklung könnte demnach zumindest regional existieren."

Und bei der inzwischen erreichten Bevölkerungsgröße mancher Regionen (eine sehr unscharfe Kategorie unterhalb und oberhalb staatlicher Einheiten) mit all ihren inneren Problemen und einem noch auf lange Sicht anhaltenden demographischen Wachstumstrend, ist wohl noch so mancher regionale Konflikt zu erwarten, der weltweite Wellen schlagen könnte (bewirkt durch Massensterben, große Flüchtlingsbewegungen oder eine Beeinträchtigung internationaler Handelsbeziehungen, insbesondere der Energie- und Rohstoffversorgung der Industrieländer).

Auch in Europa hat vor den Weltkriegen eine Bevölkerungsexplosion stattgefunden. Nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung (bpd) "wuchs die Bevölkerung in Europa zwischen 1800 und 1900 von 187 Millionen auf 406 Millionen, in Deutschland zwischen 1800 und 1900 von 24,5 Millionen auf 56,4 Millionen an".

In einem Aufsatz über Theorien über Kriegsursachen zitiert Johan M.G. van der Dennen (Universität Groningen, Niederlande) einen Anhänger der demographisch-ökologischen Schule: "De ware vijand van de vredesduif is niet de adelaar van de trots, noch de gier van de hebzucht, maar de ooievaar" (Hoss, 1927). Zu Deutsch: "Der wahre Feind der Friedenstaube ist nicht der Adler des Stolzes, noch der Geier der Habsucht, sondern der Klapperstorch".

Dieses provokante Zitat aus vergangenen Tagen, so unpassend es auch für die heutige demographische Situation Deutschlands und Europas erscheint, versteht man besser, wenn man beispielsweise an Langemar[c]k in Flandern zurückdenkt, wo an einem einzigen Tag im November 1914 zweitausend junge deutsche Soldaten bei dem Versuch, eine Hügelkette zu erstürmen, im feindlichen MG-Feuer verheizt wurden, hauptsächlich kriegsfreiwillige Schüler und Studenten, deren Tod noch über den Ersten Weltkrieg hinaus als Selbstaufopferung fürs Vaterland gerühmt wurde.


Zum Teil konnte sich das Bevölkerungswachstum Europas durch Massenauswanderung etwas Luft verschaffen. Die entsprechende Einwanderung in dünn bevölkerte, aber keineswegs völlig menschenleere Räume verlief allerdings auch nicht gerade friedlich, weil die Einwanderer in Konflikte mit den Ureinwohnern gerieten. Man denke an die Indianerkriege in Nordamerika oder die Kaffernkriege in Südafrika.

Zum Mythos wurden die Konflikte zwischen weißen Siedlern und Prärieindianern im "Wilden Westen", in die auch die US-Armee eingriff. Gegen die Flut der weißen Eindringlinge, die immer weiter nach Westen vordrangen, hatten die Ureinwohner keine Chance und wurden am Ende zur unterdrückten Minderheit im eigenen Land.
Unypisch endete allerdings die berühmte Schlacht am Little Bighorn River in Montana 1876, in der das 7. Kavallerie-Regiment, in dem auch viele gebürtige Deutsche dienten, von einer indianischen Übermacht vernichtend geschlagen wurde. (Unter den Gefallenen war auch der legendäre, aber nicht unumstrittene Regimentskommandeur George A. Custer, vermutlich ein Nachfahre früher deutscher Einwanderer mit dem Familiennamen Küster.)
Untypisch war aber auch ein 1847 im texanischen Fredericksburg geschlossenes Abkommen zwischen deutschen Einwanderern (unter Führung von Baron Ottfried Hans von Meusebach) und einheimischen Komantschen. Es gilt als der einzige Friedensvertrag zwischen weißen Siedlern und Indianern, der nie gebrochen wurde.
1890 endeten die Indianerkriege mit dem brutalen Vorgehen der US-Kavallerie bei Wounded Knee in South Dakota - aus heutiger Sicht ein Massaker.

1917 waren die USA bereits stark genug, um in den Ersten Weltkrieg einzugreifen, und trugen damit viel zur Niederlage Deutschlands bei. Und im Zweiten Weltkrieg war die Beteiligung der USA wohl kriegsentscheidend. Ironischerweise standen beide Male German-Americans an der Spitze der amerikanischen Truppen in Europa. Im 1. Weltkrieg wurden die "American Expeditionary Forces" von General Pershing befehligt, dessen deutsche Vorfahren noch Pfoerschin hießen. Im 2. Weltkrieg hatte General Eisenhower den Oberbefehl über die alliierten Invasionsstreitkräfte, Nachfahre eines bereits 1741 aus Deutschland ausgewanderten Hans Nikolas Eisenhauer.

Aus kleinen Anfängen entwickelte sich die amerikanische Einwanderung zur Massenimmigration. Zwischen 1820 und 1940 sollen etwa 38 Millionen Menschen in die USA eingewandert sein. Heute beträgt die Zuwanderung ungefähr eine Million pro Jahr. Dabei spielen jedoch die Europäer keine sehr große Rolle mehr.

(Aktuelle amerikanische Immigrationsstatistiken finden Sie beim U.S. Department of Homeland Security, das nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 aus einer Vielzahl von Ämtern und Einrichtungen vom Office of Immigration Statistics bis zur Küstenwache geschaffen wurde.)


Inzwischen wurden paradoxerweise auch die vergleichsweise dicht bevölkerten Länder Europas von klassischen Auswanderungsländern zu faktischen Einwanderungsländern für Menschen von anderen Kontinenten - eine durchaus konfliktträchtige Entwicklung, wie zum Beispiel die Unruhen in Frankreich 2005 bewiesen.

Alles nur eine Frage des guten Willens zum friedlichen Miteinander?

So einfach ist die Sache nicht, wenn man sich das Migrationspotential der kommenden Jahrzehnte vor Augen führt. Zwar kann niemand Ausmaß, Art und Folgen künftiger Migrationsbewegungen vorhersagen, aber wir können ja mal die aus dem starken Bevölkerungswachstum Europas resultierende Massenauswanderung früherer Zeiten in eine Zahlenrelation zum heutigen Bevölkerungswachstum der Dritten Welt setzen:

In dem Zeitraum von 1820 bis 1940 sind schätzungsweise 55 bis 60 Millionen Europäer nach Übersee ausgewandert, insbesondere in die USA (nach W. Kuls / F.-J. Kemper: Bevölkerungsgeographie, Stuttgart u. Leipzig 2000, S.208).
Kaum geringer ist aber zum Beispiel der zu erwartende Bevölkerungszuwachs allein. von Nigeria in den nächsten zwanzig Jahren!

Von rund 132 Mio. im Jahr 2005 soll die Bevölkerung Nigerias auf 190 Mio. im Jahr 2025 anwachsen. (Dies resultiert jedenfalls aus UN-Berechnungen, in denen nur eine jährliche Netto-Abwanderung von 30.000 Personen unterstellt wurde.) Und im Jahr 2050 sollen allein in diesem (erst 1960 von Großbritannien unabhängig gewordenen) Land mit seinen vielen westafrikanischen Stämmen wie Yoruba, Hausa, Fulbe, Kanuri, Tiv, Ibo und Ibibio mit insgesamt 258 Mio. Einwohnern mehr Menschen leben als noch im Jahre 1950 auf dem gesamten afrikanischen Kontinent (224 Mio.).

Afrikas Gesamtbevölkerung soll bis 2050 mit über 1,9 Milliarden annähernd das Neunfache von 1950 erreichen. Dies lässt erahnen, welcher Zuwanderungsdruck allein aus dem armen und krisengeschüttelten Afrika auf Europa zukommen kann (weit über die offenbar sehr zurückhaltenden heutigen Annahmen der UN-Demographen hinaus) und wie stark wir gezwungen sein könnten, immer wieder in dortige Krisen einzugreifen, allein schon um diesen Migrationsdruck zu verringern - von humanitären Gründen ganz zu schweigen.

Man könnte auch andere Beispiele nehmen wie das schon heute völlig übervölkerte südasiatische Bangladesch, wo in den nächsten zwanzig Jahren ein ähnlich hoher Bevölkerungszuwachs zu erwarten ist wie in Nigeria. Wir dürfen solchen Zahlen nicht mit Rassismus oder Fremdenhass begegnen, aber sie sollten uns von allzu naiven einwanderungspolitischen Vorstellungen hinsichtlich der Steuerbarkeit künftiger Migrationsströme abhalten.

Als man vor einigen Jahren in Deutschland während einer Boom-Phase der IT-Branche um 20.000 ausländische "Greencard"-Arbeitskräfte warb, insbesondere indische IT-Experten, die man jedoch rückblickend betrachtet gar nicht benötigte, hat kaum jemand versucht, diese Zahl einmal vor dem Hintergrund der Bevölkerungsentwicklung Indiens zu sehen (eines im Ganzen immer noch sehr armen Landes voller innerer Spannungen und Konflikte).
20.000 Menschen entsprechen dem indischen Bevölkerungswachstum in gerade mal elf Stunden - und der Zahl der Geburten in sieben Stunden!

Der indische Geburtenüberschuss (die Differenz zwischen Geburten und Sterbefällen) ist in einem Monat bereits so hoch wie der jährliche "Sterbefallüberschuss" ganz Europas, der allerdings weiter steigen wird.


Zwar wird Europa nach den UN-Berechnungen (trotz einer angenommenen langfristigen Netto-Zuwanderung von rund 700.000 Personen pro Jahr) von 2005 bis 2050 um rund 76 Millionen Menschen abnehmen. Gleichzeitig wird aber die übrige Welt um 2,7 Milliarden zunehmen, unter ihnen 1 Milliarde Afrikaner und 1,3 Milliarden Asiaten sowie mehr als 0,2 Milliarden Lateinamerikaner.

Nordamerika mit den Einwanderungsländern USA und Kanada wird (bei einer angenommenen langfristigen Netto-Zuwanderung von rund 1,3 Millionen Personen pro Jahr) noch um 107 Millionen wachsen, also um etwas mehr, als Europa abnimmt, sodass (bei einer auf dem heutigen Niveau bleibenden Zahl von Zuwanderern, deren Integration aber keine leichte Aufgabe sein wird) die Bevölkerung der vielfältig miteinander verbundenen Staaten beiderseits des Nordatlantiks mit knapp 1,1 Milliarden in etwa konstant bleibt. Fast das gesamte Weltbevölkerungswachstum entfällt auf Asien, Afrika und (in geringerem Maße) Lateinamerika.

Es war diese "Trikontinentale", die der lateinamerikanische Sozialrevolutionär und Guerillaführer Ernesto Che Guevara (der übrigens zeitweise auch im Kongo gekämpft hatte) 1967 aufrief: "Schaffen wir zwei, drei, viele Vietnam!" ("Crear dos, tres... muchos Viet-Nam, es la consigna.")
Er hatte dabei die USA im Visier, den - wie er meinte - "großen Feind des Menschengeschlechts".

Mit makabren Worten schrieb der charismatische Comandante in seiner Botschaft an die Trikontinentale (siehe Originaltext auf Spanisch oder deutsche Übersetzung):
"Wie glänzend und nah wäre die Zukunft, wenn zwei, drei, viele Vietnam auf der Oberfläche des Erdballs entstünden, mit ihrer Todesrate und ihren ungeheuren Tragödien, mit ihren alltäglichen Heldentaten, mit ihren wiederholten Schlägen gegen den Imperialismus, mit dem Zwang für diesen, seine Kräfte unter dem heftigen Ansturm des zunehmenden Hasses der Völker der Welt zu zersplittern ...
An welchem Ort uns der Tod auch überraschen mag, er sei willkommen, wenn unser Kriegsruf nur aufgenommen wird und eine andere Hand nach unseren Waffen greift und andere Menschen bereit sind, die Totenlieder mit Maschinengewehrsalven und neuen Kriegs- und Siegesrufen anzustimmen."

(Bald darauf liquidierte ihn die CIA mit Hilfe der bolivianischen Armee.)

Zwar hat sich die Welt seitdem sehr verändert. Der Vietnamkrieg ist Geschichte und Washington und Hanoi unterhalten normale Beziehungen. Die Sowjetunion gibt es nicht mehr, der Kalte Krieg, der die Sowjets dazu brachte, die Zar-Bombe zu produzieren, ist beendet. Die Berliner Mauer ist gefallen, die Volksrepublik China hat sich sehr gewandelt und Indien glänzt - jedenfalls nach einem Slogan aus dem indischen Wahlkampf 2004: "India Shining".

Nach der indischen Volkszählung 2001 bemerkte allerdings das Office of the Registrar General: "The writing on the wall is loud and clear and an acceptable way has to be found which fits into our socio-political system so that the dream of population stabilization becomes a reality in not too far a distant."
Die Bevölkerungsstatistiken sind jedoch nicht nur für Indien eine (Flammen-)Schrift an der Wand - ein Menetekel.

Indien wird sogar China demographisch überholen, aber noch sind die Chinesen die größte Nation der Welt, auch wenn sie schon 1979 mit ihrer Ein-Kind-Politik die Notbremse gezogen haben. Die Größe der chinesischen Bevölkerung muss man sich einmal bildhaft vorstellen: Würden sich alle Chinesen in Dreierreihe aufstellen, mit einem Meter Abstand zum Vordermann, ergäbe dies theoretisch eine Marschkolonne um die ganze Erde herum - und dann weiter bis zum Mond (wie gesagt dreireihig).

Wenn Sie’s nicht glauben, rechnen Sie’s nach:
Erdumfang: 40.000 km, Entfernung Erde-Mond: ungefähr 400.000 km.
Macht zusammen 440.000 km = 440 Millionen Meter.
Mal 3 genommen ergibt das 1,32 Milliarden, fast exakt die Einwohnerzahl Chinas 2005.

Chinas wirtschaftliche Entwicklung ist atemberaubend, aber wird es auch seine ökologischen Probleme lösen? Und wird es seine innere Stabilität erhalten und mit rivalisierenden Großmächten auskommen? Dazu kurz zwei amerikanische Autoren:

Unter dem Titel "War with China?" schrieb William S. Lind im Mai 2005 (in Defense and the National Interest): "Bedauerlicherweise gibt es einflussreiche Stimmen in Washington, die einen Krieg mit China wollen, je eher, desto besser ..." - "Regrettably, there are influential voices in Washington that want a war with China, the sooner the better. The most likely cause is Taiwan. Few in Washington understand why China is so adamant about Taiwan remaining officially part of China. The reason is China’s history, throughout which her greatest threat has not been foreign invasion but internal division. China has often fractured, sometimes into many parts. Today, Beijing fears that if one province, Taiwan, achieves independence, others will follow. China will go to war, including with the United States, to prevent that from happening."

Robert D. Kaplan überlegte bereits (in The Atlantic, Juni-Ausgabe 2005): "How We Would Fight China" und dachte dabei an einen zweiten Kalten Krieg - gegen einen "formidableren Gegner, als Russland es jemals war". Unter anderem schrieb er ganz ungeniert: "The Middle East is just a blip. The American military contest with China in the Pacific will define the twenty-first century. And China will be a more formidable adversary than Russia ever was." Und er vergaß dabei nicht die NATO und die Europäer: "NATO is ours to lead ... and we should want it to be the former, so that Europe is a military asset for us, not a liability, as we confront China."

Doch zurzeit sind die Amerikaner mit dem weltweiten "War on Terror(ism)" ausreichend beschäftigt. Siehe auch: "Defend Amerika". Angesichts der nach wie vor schwierigen Lage in der afghanischen "Kalaschnikow-Demokratie" (so DIE ZEIT im Oktober 2004) sowie in dem von der Diktatur Saddam Husseins befreiten, aber alles andere als friedlichen Irak stellt sich die Frage: Drohen den USA und der Welt doch noch zwei, drei, viele Vietnams?

Zum Irak siehe Iraq Coalition Casualty Count sowie Iraq Body Count.


Wie schnell die Europäer und auch die Deutschen in Konflikte überall auf der Welt hineingezogen werden können, haben wir gesehen. Schon einen Tag nach dem 11. September 2001, an dem die Türme des New Yorker Welthandelszentrums einstürzten, stellte die 1949 gegründete NATO zum ersten Mal in ihrer Geschichte den Bündnisfall nach Artikel 5 des Nordatlantik-Vertrages fest. Zur Unterstützung der amerikanischen Luftraumüberwachung wurden AWACS-Flugzeuge aus Europa in die USA verlegt. Kaum vier Wochen nach den Terroranschlägen begann die von den USA geführte Militäroperation "Enduring Freedom" gegen die afghanischen Taliban und Al Kaida. (Siehe auch: Afghanistan-Krieg.)

"Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt", meinte der Bundesverteidungungsminister. Die Bundeswehr beteiligte sich nicht nur an der ISAF (International Security Assistance Force), im Rahmen von Enduring Freedom wurden auch Soldaten des KSK (Kommando Spezialkräfte, das zur Division Spezielle Operationen gehört) mit geheimem Auftrag nach Afghanistan geschickt und ein Kontingent der Marine zum Horn von Afrika.

Die Operationen der Amerikaner und ihrer Verbündeten galten insbesondere auch der Suche nach dem Al-Kaida-Führer Osama bin Laden. Bemerkenswert ist, was dazu der russische General a. D. Alexander Ruzkoi meinte (Veteran der Sowjetarmee, die sich 1989 nach zehnjähriger Invasion arg gebeutelt aus Afghanistan zurückgezogen hatte). Schon kurz nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 sagte der Ex-General im deutschen Fernsehen: "Auf so einem riesigen Territorium mit Wüsten und hohen Bergen Bin Laden finden zu wollen, das ist genauso, wie eine Nadel im Heuhaufen zu suchen. Aber es gibt natürlich eine Methode: Man kann diesen Heuhaufen abbrennen und dann kann man in der Asche diese Nadel finden. Ob solche Aktionen nun berechtigt sein werden, das, glaube ich, ist nicht der Fall."


Jahrzehnte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges stehen der Menschheit ihre dunkelsten Stunden vielleicht noch bevor. Aus gutem Grund beginnt die 1945 geschriebene Charta der Vereinten Nationen in der Präambel mit den Worten:
"We the peoples of the United Nations determined to save succeeding generations from the scourge of war, which twice in our lifetime has brought untold sorrow to mankind ..." (UN Charter, siehe auch Text der Charta in Deutsch).

"Niemand, der bei Verstand ist, zieht den Krieg dem Frieden vor, denn in dem einen begraben die Söhne ihre Väter, in dem anderen die Väter ihre Söhne", bemerkte schon der griechische Geschichtsschreiber Herodot im 5. Jahrhundert vor Christus. Trotzdem ist die Welt seit alters her voller Konflikte. Und wie sich gezeigt hat, war auch der Zweite Weltkrieg nicht der letzte Krieg auf der Welt.

Im 2. Weltkrieg (1939-1945) kamen schätzungsweise 50 Millionen Menschen (oder mehr) ums Leben. Der 1. Weltkrieg (1914-1918) hatte etwa 10 Millionen Todesopfer gefordert.

Werden auch die großen Konflikte im 21. Jahrhundert wieder zu solchen oder vielleicht noch höheren Opferzahlen führen? Über 3 Millionen Menschen starben in den letzten Jahren infolge der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen mehreren Ländern und internen Konfliktparteien in der Demokratischen Republik Kongo. Manche sprechen in diesem Zusammenhang sogar schon vom "Afrikanischen Weltkrieg" (ZDF).

Über die nach wie vor schlechte humanitäre Lage im Ostkongo berichtet die Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF 2006): "Seit 1998 sind bis zu vier Millionen Menschen an den Kriegsfolgen gestorben, vor allem an Krankheiten und Unterernährung in Folge der völligen Auflösung von Infrastruktur und Landwirtschaft in weiten Teilen des Ostkongo. Innerhalb des Kongo sind 2,5 Millionen Menschen auf der Flucht. Alle kämpfenden Parteien, auch die neue kongolesische Armee, begingen Übergriffe auf die Zivilbevölkerung ..."

Zu Kriegen und bewaffneten Konflikten seit 1945 siehe zum Beispiel das Kriege-Archiv von AKUF oder GlobalSecurity.org: The World at War. Zur Analyse gegenwärtiger Konflikte in aller Welt: International Crisis Group.

"Qui desiderat pacem, praeparet bellum", meinte der spätrömische Militärschriftsteller Vegetius im 4. Jahrhundert nach Christus, meist zitiert in der Form: Si vis pacem, para bellum. (Wenn du den Frieden willst, rüste zum Krieg.)
Eine umstrittene Ansicht, gerade in Deutschland mit seiner speziellen Vergangenheit und erst recht nach dem Ende des Kalten Krieges. Noch als das Wettrüsten zwischen den Blöcken in vollem Gange war, forderten viele stattdessen: "Frieden schaffen ohne Waffen".

Von einer halben Million Mann wurde die Personalstärke der deutschen Bundeswehr bis Anfang 2002 auf 310.600 reduziert. Inzwischen ist der für 2010 geplante Personalstand von 250.000 fast erreicht. Im Heer sollen dann 162.300, in der Luftwaffe 62.700 und in der Marine 25.000 Soldaten (und Soldatinnen) dienen.
Der größte Teil davon sind Unterstützungskräfte, unter anderem in den Bereichen Logistik, Sanitätsdienst und Aufklärung. 70.000 Soldaten sind als Stabilisierungskräfte vorgesehen. Ihre Aufgabe sind "friedensstabilisierende Maßnahmen" - militärische "Operationen niedriger und mittlerer Intensität" gegen einen "nur teilweise militärisch organisierten Gegner". Aus nur 35.000 Soldaten bestehen die Eingreifkräfte. "Diese führen weltweit zu Lande, zu Wasser, in der Luft und im Informationsraum Operationen mit hoher Intensität durch. Darunter fallen sowohl Rettungs- und Evakuierungseinsätze als auch friedenserzwingende Maßnahmen gegen einen vorwiegend militärisch organisierten Gegner" (www.bundeswehr.de).

Sicherlich werden sich die auf uns zukommenden weltpolitischen Probleme nicht allein militärisch lösen lassen. Grundsätzlich ist es auch wohl besser, sich möglichst wenig in die in inneren Konflikte anderer Länder einzumischen, selbst wenn sie sehr blutig verlaufen. Aber wenn die Zahl der Opfer völlig eskaliert? Oder wenn die Gefahr besteht, dass große rechts- und vor allem menschenrechtsfreie Räume entstehen, Brutstätten destruktiver Kräfte, derer die menschliche Zivilisation am Ende nicht mehr Herr wird?

Destruktive Kräfte wie jene, die einst in Deutschland erst Bücher und dann Menschen verbrannten, aber auch jene, die 2001, ein halbes Jahr vor dem 11. September, die 1.500 Jahre alten Buddhas von Bamiyan zerstörten - eine Barbarei, die verriet, dass sich in Afghanistan Unheil zusammenbraute.

Manchmal sind Militärinterventionen eben die "Ultima Ratio".

Was aber soll man von insgesamt 250.000 deutschen Soldaten halten, davon nicht viel mehr als 100.000 in den Verbänden der Eingreif- und Stabilisierungskräfte? Der Fischer Weltalmanach 2004 bemerkte im Zusammenhang mit den Schwierigkeiten der viel zu schwach ausgestatteten UN-Mission in der Demokratischen Republik Kongo (MONUC): "Schätzungsweise wären 150.000 UN-Soldaten notwendig, um den Frieden in diesem Staat, der fast so groß ist wie Westeuropa, zu sichern".
(Gemeint ist in diesem Fall die Fläche. Die Größe der kongolesischen Bevölkerung beträgt nach UN-Angaben 2005 schätzungsweise 58 Mio. und soll bis 2050 auf 177 Mio. anwachsen.)

Auch ein Volk, das sich nach den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs und im Gefühl einer durchaus angebrachten Scham eine neue Verfassung gab, "im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, seine nationale und staatliche Einheit zu wahren und als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen" (Präambel des Grundgesetzes), muss realistisch zur Kenntnis nehmen, wie sich die Dimensionen der Menschheit und die Größenverhältnisse zwischen den Völkern und Nationen verändert haben und weiter verändern - mit neuen Gefahren für den "Frieden der Welt" und die Weltordnung, die von einer Vielzahl politisch instabiler und wirtschaftlich schwacher Länder ausgehen, die viel zu schnell viel zu groß geworden sind - auch eine Gefahr für sie selbst.

Rückblickend auf seine Amtszeit, in die auch der bereits erwähnte Völkermord in Ruanda (1994) fiel, bemerkte der ehemalige US-Präsident Clinton (2005): "Was habe ich falsch gemacht? Dass wir nicht in Ruanda einmarschiert sind. Das ist damals innerhalb von 90 Tagen geschehen, dieser Vökermord. Ich weiß, dass ich nur ganz schwer die Zustimmung des Kongresses erhalten hätte. Aber ich hätte es versuchen sollen. Ich hätte Leben retten können. Das war ganz sicher das schwerste Versäumnis meines Lebens. Ich muss damit leben."


Derweil geht der Bundeswehreinsatz in Afghanistan den Verbündeten nicht weit genug. Sie erwarten von den Deutschen mehr als Aufbauhilfe. Angesichts der hohen eigenen Verluste verlangen sie auch von den deutschen Soldaten harte Kampfeinsätze in den unruhigen Landesteilen.

Kaum zu glauben, was der Beauftragte der Bundesregierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen bei einem Besuch in den USA von seinen amerikanischen Gesprächspartnern aus der US-Administration zu hören bekam: "Die Deutschen müssen das Töten lernen."

(In diesem Moment dachten die Amis sicher nicht an die Zeit von 1944/45, an die Normandie, die Ardennen oder das von US-Truppen befreite Dachau.)

DER SPIEGEL übernahm das Zitat als Titel für die Ausgabe Nr.47/20.11.06:

[DER SPIEGEL Nr. 47/20.11.06 - Titel: "Die Deutschen müssen das Töten lernen. Wie Afghanistan zum Ernstfall wird"]           

"Die Deutschen müssen
das Töten lernen."

Wie Afghanistan zum Ernstfall wird


Zum "Afghanistan-Abenteuer" schreibt DER SPIEGEL: "Ernstfall für die Bundeswehr: Die Taliban rücken vor, fast täglich sterben Soldaten der internationalen Truppen. Fünf Jahre nach dem Einmarsch drohen irakische Verhältnisse. Berlin verweigert sich dem lauter werdenden Ruf nach einem deutschen Kampfeinsatz – wie lange noch?"

Dem Spiegel verriet auch Ronald Neumann seine Meinung, Botschafter in Kabul, aber nicht, wie man dem Namen nach denken könnte, der deutsche, sondern der amerikanische Botschafter:

"Der spricht leise, doch so deutlich, wie es Diplomaten nur selten tun: Wenn Afghanistan wieder an die Taliban fallen sollte, werden die Menschen im Westen keine Ruhe mehr haben, sagt er - ‘auch in Deutschland nicht’.
Mit dieser Meinung steht der Diplomat nicht allein. Viele Experten rechnen damit, dass sich dann Terroristen erneut am Hindukusch festsetzen würden und, um von dort aus in Amerika, Europa und Asien Anschläge zu planen und durchzuführen. Mit Drogengeldern könnte sich der Terror weitgehend selbst finanzieren. Warum also fragt sich Neumann, zögern die Verbündeten, wo doch auch ihre Sicherheit auf dem Spiel steht?"

Der Amerikaner Neumann sagte auch: "Einige Europäer wehren sich offenbar gegen die Idee, dass eine Armee zum Kämpfen da ist".

Der Amerikaner Hemingway (1899-1961), der den Krieg in Europa und anderswo kennengelernt hatte, hinterließ uns allerdings die Mahnung:

Never think that war, no matter how necessary, nor how justified, is not a crime.



Ernstfall Afghanistan - jenes arme Land am Hindukusch, wo jedes vierte Kind vor seinem 5. Geburtstag stirbt, wo allerdings die Frauen im Durchschnitt sieben Kinder zur Welt bringen, wo es trotz der Armut und trotz der hohen Kindersterblichkeit schon mehr Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren gibt als in Deutschland, wo die Bevölkerung wächst und wächst, von rund 8 Millionen im Jahr 1950 auf 97 Millionen im Jahr 2050 (so jedenfalls von den Vereinten Nationen vorausberechnet).

Zur gleichen Zeit soll die ganze Menschheit von 2,5 Milliarden im Jahr 1950 auf 9,1 Milliarden im Jahr 2050 anwachsen. Als die Weltbevölkerung 1999 die Zahl von 6 Milliarden erreichte, hatte sie nur zwöf Jahre gebraucht, um eine ganze Milliarde zuzulegen. Allein dieser Zuwachs zwischen 1987 und 1999 entspricht der Größe der gesamten Menschheit im Jahre 1800.

Das war nebenbei bemerkt in Europa die Zeit der Napoleonischen Kriege, in denen es schon heftig zur Sache ging, sei es auf dem Schlachtfeld oder bei der Erschießung von Aufständischen - von Goya eindrucksvoll der Nachwelt überliefert.

Die gewaltige "Völkerschlacht" bei Leipzig 1813 gab schon einen frühen Vorgeschmack auf künftige, noch größere Gemetzel. Hundert Jahre später weihte man dort das größte Denkmal Europas ein, kaum ein Jahr vor dem Beginn des 1. Weltkriegs, der bald darauf im 2. seine Fortsetzung fand - als die Weltbevölkerung noch keine 2,5 Milliarden zählte.

Nach diesem bisher größten aller Kriege hat sich die Menschheit bis 1987 mehr als verdoppelt - auf volle 5 Milliarden.

1987 fiel übrigens in die Zeit des Ersten Golfkriegs zwischen Irak und Iran, in dem der Irak auch chemische Waffen einsetzte und der Iran Tausende von Kindersoldaten als Märtyrer in die Minenfelder schickte. Dagegen verblasst selbst Langemarck, der unselige Mythos aus dem Ersten Weltkrieg.

Auch 1999, als die 6. Milliarde voll wurde, war ein blutiges Jahr, nicht nur im Kongo, sondern auch auf dem Balkan. Im Kosovo-Krieg war auch die deutsche Lufwaffe wieder mit von der Partie. Doch der Einsatz war kein Vergnügen für die Piloten der übermächtigen NATO. "Viele wissen gar nicht, wie gefährlich die Sache wirklich war", sagte ein deutscher Pilot später. "Dass wir bis zum letzten Tag bei jedem Flug beschossen wurden, weiß kaum einer."


Geht auch für die Deutschen eine relativ lange Zeit relativen Friedens zu Ende?

Welche Kriege auf welchen Schauplätzen erwarten wohl den schon für 2012 angekündigten 7.000.000.000. Erdenbürger?

Die siebte Milliarde!

Und zwei, drei, viele Vietnams?


Any man's death diminishes me because I am involved in mankind; and therefore never send to know for whom the bell tolls; it tolls for thee - Zeilen von John Donne (1572-1631), wieder verwendet von Ernest Hemingway in dem Roman: For Whom the Bell Tolls - Wem die Stunde schlägt.




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